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Erfolgsfaktor Team

Es ist 6:40. Noch eine knappe Stunde bis zu meinem Dienstende. Während ich die mit Blut gefüllten Laborröhrli mit den Ettiketten versehe, geht der Alarm los. Schnell beende ich meine Arbeit und renne los. Der Alarm wurde in einem Zimmer am anderen Ende des Ganges ausgelöst. Während ich renne und mir unterwegs noch den REA – Wagen schnappe, denke ich. «Jetzt noch eine REA, wir sind nur zu 4. im Dienst. So kurz vor Schluss sind wir alle müde. Das wird Kraft kosten.» Trotzdem renne ich, stelle mich innerlich darauf ein an meine körperlichen Grenzen zu gehen.

Seit einem Jahr bin ich wieder hier auf der Station. Nach einem Jahr Unterbruch, in welchem ich mich in der Führung versucht habe. Nach einem Jahr, das mir so unendlich vieles abverlangt hat, mich an meine persönlichen Grenzen gebracht hat. Nicht nur beruflich, auch privat bin ich als Mensch auseinandergefallen und setze mich gerade wieder zusammen. Nichts ist mehr, wie es war. Vor allem ich nicht.

Ich bin zurückgekehrt. In «mein» Team. Diese Entscheidung habe ich nicht leichtfertig getroffen. Kurzzeitig habe ich auch mit einem Temporärbüro geliebäugelt. Ich könnte dort meinen Dienstplan selber schreiben, meine Ferienwünsche wären garantiert. Ich würde wohl auch besser verdienen.

Warum ich es nicht gemacht habe? Entscheidender Faktor ist dieses Team. Dieses Team, in dem Hilfsbereitschaft, Kollegialität, Professionalität, und Pflegequalität hohe Werte sind. Das Team ist immer in Bewegung. Es gibt zwar einen «harten Kern» aber darum herum kommen und gehen viele. Wir sind ein «Sprungbrett» für junge Pflegende, die sich weiterbilden wollen. Und für einige ist es zu hektisch bei uns. Und trotz dieser Dynamik bleiben diese Werte konstant.

Ich bin mit diesem Team durch einen harten Sommer, als wir plötzlich mit hochkomplexen Patient*innen überschwemmt wurden. Ich bin mit diesem Team durch fast die gesamte Pandemie. Und manchmal wussten wir alle nicht mehr, ob wir lachen oder weinen sollten. Mehrheitlich haben wir uns fürs Lachen entschieden.

 

Es ist 6.42. Ich erreiche das Zimmer, in dem meine Kollegin den Alarm ausgelöst hat. Es war Fehlalarm. Ich drehe mich um und bemerke erst da, dass die Tagschicht meines Teams, hinter mir gerannt ist. Und wieder weiss ich, das ist eines der stärksten Teams in dem ich je gearbeitet habe.

Patricia Tschannen,

 

Pflegefachfrau HF Visionärin Bloggerin Autorin

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Kommentare: 2
  • #1

    Andreas Schweizer (Dienstag, 04 Juli 2023 13:28)

    So wunderschön wie Du siehst, wahrnimmst - und schreibst. Als Leser spüre ich Dein Herzblut und Deine Authentität. Danke.

  • #2

    Antoinette Conca (Dienstag, 04 Juli 2023 20:00)

    Genauso kenne ich und liebe ich das. Das Team ist A und O. Du bringst es wunderbar zur Sprache - Danke ☺️